21. September 2021
Tech M&A (dt./eng) – 5 von 7 Insights
Earn-Out-Klauseln finden sich in Unternehmenskaufverträgen als Bestandteil der Kaufpreisklausel. Bei einem Earn-Out handelt es sich um eine nachgelagerte zusätzliche und in der Regel variable Kaufpreiskomponente, dessen Zahlung an den Eintritt eines ungewissen, zukünftigen und tatsächlichen Ereignisses (i.d.R. Erträge bzw. Ertragsentwicklung des Zielunternehmens) anknüpft.
Kernstück einer jeden Unternehmenskauftransaktion ist die Bewertung des Zielunternehmens und daraus abgeleitet die Bestimmung des für das Zielunternehmen zu zahlenden Kaufpreises. Verständlicherweise haben Verkäufer und Käufer bei der Bewertung des Zielunternehmens bzw. Findung des Kaufpreises abweichende Vorstellungen, die insbesondere auf folgende Gründe zurückgeführt werden können:
Unterschiedliche Einschätzung der Ertragsentwicklung des Zielunternehmens
Üblicherweise erfolgt die Bewertung des Zielunternehmens auf Grundlage der sog. Discounted Cash Flow Methode, d.h. der Abzinsung zukünftiger erwarteter, unsicherer Zahlungsströme. Diese können von Verkäufer und Käufer unterschiedlich eingeschätzt werden, da es sich um Prognosen künftiger Erträge bzw. Zahlungsströme handelt. Zudem können weitere Unsicherheitsfaktoren hinzutreten, wie z.B. (i) das Zielunternehmen steht (kurz) vor dem wirtschaftlichen Durchbruch, (ii) das Zielunternehmen ist abhängig von bestimmten Personen, (iii) der wirtschaftliche Erfolg des Zielunternehmens hängt von der Verbesserung bestimmter struktureller Faktoren ab (z.B. in sog. Turn-around Fällen) oder (iv) der wirtschaftliche Erfolg des Zielunternehmens wird sich erst auf Grundlage von Synergien mit der Unternehmensgruppe des Käufers ergeben.
Mit Hilfe eines Earn-Outs können die Parteien versuchen, die in Bezug auf die Bewertung des Zielunternehmens bestehenden unterschiedlichen Erwartungen zu überbrücken und damit ein Scheitern der gesamten Transaktion zu vermeiden.
Ein Earn-Out kann für die beteiligten Parteien verschiedene Vor- aber (gleichzeitig) auch Nachteile haben.
Für die Gestaltung von Earn-Out-Klauseln gibt es keine bestimmten Vorgaben. Entsprechend vielfältig und differenziert fallen sie aus, wobei im Folgenden die Eckpunkte bzw. Faktoren der typischen Ausgestaltungsformen skizziert werden sollen:
Ziel der klassischen Ausgestaltung einer Earn-Out-Klausel ist es, den wirtschaftlichen Erfolg des Zielunternehmens nach Abschluss der Transaktion angemessen zu erfassen, um auf dieser Basis einen etwaigen nachgelagerten Kaufpreis in Abhängigkeit von diesem Erfolg zu ermitteln. Für die Frage ob und ggf. wenn ja, in welcher Höhe ein Earn-Out-Betrag entsteht, werden die folgenden Eckpunkte berücksichtigt: Earn-Out-Periode, Bezugs- bzw. Kenngrößen und Berechnungsparameter sowie die konkrete Berechnungsformel.
Bei der Earn-Out Periode handelt es sich um den Zeitraum, der für die Ermittlung einer nachgelagerten Kaufpreiskomponente maßgeblich sein soll. Bei den Kenn- bzw. Bezugsgrößen wird zwischen finanziellen und nicht finanziellen Erfolgsindikatoren unterschieden. Als finanzielle Erfolgsindikatoren kommen z.B. Umsatz, EBITDA oder der operative Cash-Flow des Zielunternehmens in Betracht. Bei den nicht finanziellen Erfolgsindikatoren handelt es sich häufig um die Erreichung bestimmter Meilensteine (z.B. behördliche Genehmigung, Erteilung eines Patents, Zulassung eines Medikaments, erfolgreiche Markteinführung eines Produkts etc., die ihrerseits aber natürlich nachgelagert auch Einfluss auf die finanziellen Erfolgsindikatoren haben können).
Handelt es sich um finanzielle Erfolgsindikatoren, ist in Bezug auf die entsprechende Bezugsgröße wiederum zu regeln, aus welchem Zahlenwerk sich die für den Earn-Out maßgeblichen Parameter ergeben sollen. Häufig wird dabei auf den festgestellten und geprüften Jahresabschluss des Zielunternehmens abgestellt.
Haben sich die Parteien auf die maßgeblichen Kenngrößen geeinigt, muss geregelt werden, aufgrund welcher Berechnungsparameter bzw. -formel der Earn-Out-Betrag konkret ermittelt werden soll. Häufig wird er auf Grundlage eines Prozentsatzes an den jeweils vereinbarten Kenngrößen ermittelt. Zudem werden für die maßgeblichen Kenngrößen aber auch für den Earn-Out-Betrag selbst bestimmte Mindest- bzw. Höchstbeträge festgeschrieben.
Nicht zu vergessen ist, dass auch das Verfahren der späteren Feststellung der Berechnungsgrundlagen vereinbart wird. Es entspricht in der Regel im Wesentlichen den Regelungen für die Ermittlung des finalen Kaufpreises anhand von sog. Closing Accounts (siehe dazu auch unten unter Ziffer 5.3).
Um einen besonderen Fall einer Earn-Out-Klausel handelt es sich bei der sog. Mehrerlösklausel bzw. Besserungsschein (Flipping Protection bzw. Anti-Embarrassement Clause). Hier verpflichtet sich der Käufer im Fall der (Weiter-)Veräußerung des Zielunternehmens zur Zahlung des Earn-Outs. In der normalen M&A-Praxis sieht man Mehrerlösklauseln, wenn das Zielunternehmen an einen Turn-Around-Fonds verkauft wird, bisweilen auch bei Verkäufen an Finanzinvestoren. Der Verkäufer will mit einer Mehrerlösklausel sicherstellen, dass er im Fall eines schnellen Weiterverkaufs des Zielunternehmens (sog. Quick Flip – in der Regel innerhalb von 12 bis 18 Monaten nach Vollzug der Transaktion) und dabei erzieltem überproportional hohem Gewinn des Käufers partizipiert und sich nicht vorwerfen lassen kann, zu früh und / oder zu einem zu niedrigen Kaufpreis verkauft zu haben. Ähnlich wie bei den klassischen Earn-Out-Klauseln ist die vertragliche Ausgestaltung von Mehrerlösklauseln vielfältig, wesentliche Bezugsgröße ist aber in der Regel der Weiterverkaufspreis.
Neben den beiden zuvor beschrieben Gestaltungen von Earn-Outs werden noch weitere Gestaltungsformen diskutiert, wie z.B. Rückzahlungsmodelle (sog. umgekehrter Earn-Out, d.h. der Käufer zahlt zum Vollzug der Transaktion den vollen Earn-Out-Betrag, erhält diesen aber bei negativer Geschäftsentwicklung (zum Teil) zurück) oder Optionsmodelle (d.h. der Käufer erwirbt zum Vollzug nur einen Teil der Zielgesellschaft und erhält die Option, die übrigen Anteile später zu einem anhand von wirtschaftlichen Kennzahlen festgelegten Preis zu erwerben), die in der Praxis jedoch selten vorkommen und an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden sollen.
Wie bereits dargestellt, ist ein wesentlicher Nachteil von Earn-Out Gestaltungen für den Verkäufer, dass er nach Abschluss der Transaktion auf das Zielunternehmen keinen Einfluss mehr hat und der Verkäufer gezielt auf die Erreichung von Earn-Out-Zielen Einfluss nehmen kann. In Bezug auf die unterschiedlichen Einflussnahmemöglichkeiten bzw. Risiken bieten sich folgende Schutzmechanismen zu Gunsten des Verkäufers an:
Die Parteien legen in der Regel eine bestimmte wirtschaftliche Entwicklung des Zielunternehmens zu Grunde, die sich z.B. an einem zwischen den Parteien vereinbarten Business Plan für die Earn-Out-Periode orientieren kann. Ergebnisbelastungen, die sich aus der Abweichung des Business Plans ergeben, könnten dann für die Berechnung des Earn-Outs unberücksichtigt bleiben. Schwierig bleiben in diesem Fall allerdings Kausalität- und Beweisfragen. Diese lassen sich auch für erhebliche Abweichungen durch eine gesonderte Genehmigungspflicht lösen. Das hat für den Käufer allerdings den Nachteil, dass sie neben kartellrechtlichen Fragen den Käufer und das Zielunternehmen in ihrer unternehmerischen Handlungsfreiheit ggf. stark einschränken, weil insbesondere in unvorhergesehenen Situationen bzw. sich ergebenden Chancen nicht bzw. nicht schnell und angemessen genug gehandelt werden kann.
Die Frage der Bonität des Verkäufers in Bezug auf die Zahlung der nachgelagerten Kaufpreiskomponente hängt nicht zuletzt davon ab, ob es sich bei dem Käufer um eine wirtschaftlich selbständige Gesellschaft oder ein Akquisitionsvehikel (was bei Transaktionen mit Finanzinvestoren regelmäßig der Fall sein wird) handelt. Gerade im letztgenannten Fall besteht ein Sicherungsbedürfnis des Verkäufers, welches durch übliche Sicherungsmechanismen (z.B. Hinterlegung eines (Teil-)Betrages auf einem Treuhandkonto, Bankbürgschaft etc.) gelöst werden kann. Denkbar ist aber auch, dass bei Transaktionen mit Finanzinvestoren das Akquisitionsvehikel eine entsprechende zusätzliche Kreditlinie im Akquisitionsfinanzierungsdarlehen zur Verfügung hat.
Insbesondere bei klassischen Earn-Out-Klauseln ist für den Verkäufer von besonderer Wichtigkeit, dass die relevanten Berechnungsgrößen richtig erfasst werden. Um hier möglichen Einflussnahmemöglichkeiten des Käufers entgegen zu wirken, werden dem Verkäufer in der Regel Auskunfts- und / oder Prüfungsrechte, ggf. sogar Mitwirkungsrechte eingeräumt. In diesem Zusammenhang werden in der Regel Bestimmungen über die Behandlung bestimmter für den Earn-Out relevanter geschäftlicher Maßnahmen oder Bilanzierungsentscheidungen des Zielunternehmens getroffen. Es ist in diesem Zusammenhang anzuraten, abstrakte Berechnungsformeln durch mehrere Beispielsrechnungen zu ergänzen.
Auch Strukturänderungen in Bezug auf das Zielunternehmen können Einfluss auf die Berechnung des Earn-Outs haben, d.h. diese nachhaltig und / oder planwidrig ändern. So kann das Zielunternehmen z.B. Gegenstand einer umwandlungsrechtlichen Maßnahme (Verschmelzung oder Spaltung) sein, Tochtergesellschaften veräußern bzw. erwerben oder einen Geschäftsbetrieb bzw. materielle Vermögensgegenstände veräußern. Ähnlich wie in Bezug auf die Unternehmensführung kann in diesen Fällen die Vereinbarung eines Zustimmungsvorbehalts des Verkäufers Schutz bieten. Aus Sicht des Käufers ist das in der Regel wirtschaftlich nicht akzeptabel. Zudem sind derartige Zustimmungsvorbehalte aus kartellrechtlicher Sicht besonders genau zu analysieren, da es sich bei derartigen Konstellationen ggf. um gemeinsame Kontrollausübung handeln kann. Vor diesem Hintergrund einigen sich die Parteien für Fälle der Strukturänderung häufig darauf, den zu erwartenden wirtschaftlichen Effekt einer Strukturänderung bei der Berechnung des Earn-Outs entsprechend zu berücksichtigen bzw. herauszurechnen. Allerdings lassen sich im Rahmen der Vertragsgestaltung kaum alle denkbaren Strukturänderungen berücksichtigen. Deshalb einigen sich die Parteien in der Regel lediglich auf allgemeine Prinzipien ggf. ergänzt um die Vereinbarung einer pro-forma Berechnung der für den Earn-Out relevanten Finanzkennzahlen, welche die Strukturänderung angemessen berücksichtigt.
Hält man sich den Grund für die Vereinbarung eines Earn-Outs vor Augen, nämlich die divergierenden Preisvorstellungen von Verkäufer und Käufer in Bezug auf das Zielunternehmen, lassen sich auch alternative Gestaltungsmöglichkeiten finden. So kann sich der Verkäufer z.B. (mittelbar) am Zielunternehmen mit einer Minderheitsbeteiligung rückbeteiligen. Der Verkäufer profitiert dann wie der Käufer anteilig und unbegrenzt am weiteren Erfolg des Zielunternehmens (z.B. durch Dividenden bzw. anteiligen Veräußerungserlös im Falle eines Weiterverkaufs). Liegt der Grund über die unterschiedliche Höhe des Kaufpreises primär darin, dass der Käufer nicht den ganzen Kaufpreis sofort finanzieren kann, ist alternativ auch an ein Verkäuferdarlehn bzw. die Stundung eines Teils des Kaufpreises zu denken.
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